Hühnergott

 m.  Z des Hühnergottes die Hühnergötter

Bedeutungen

[1] (an der Ostseeküste vorkommender) Stein mit Löchern natürlichen Ursprungs (der für gewöhnlich als Amulett, Talisman oder Maskottchen dient), bei dem es sich zumeist um eine Feuersteinknolle handelt, deren Kreideeinlagerungen herausgeschwemmt beziehungsweise herausgewittert sind
Herkunft
Die Herkunft des Wortes ist ungeklärt.❬ref❭❬/ref❭ Lange Zeit wurde vermutet, das Wort sei durch die von Thomas Reschke 1966❬ref❭.❬/ref❭ gebildete Lehnübersetzung des bereits im Originaltitel der von Jewgeni Jewtuschenko 1963 verfassten Novelle namens »Куриный бог« vorkommenden Ausdrucks ins Deutsche gelangt.❬ref name="Priewe42"❭.❬/ref❭ Aufgrund der Novelle erlangte der Stein und dessen Bezeichnung in der ehemaligen DDR ab 1966 große Popularität.❬ref name="Priewe42"/❭ 1985 wurde das Wort in die 18. Neubearbeitung des Großen (DDR-)Dudens❬ref❭.❬/ref❭ aufgenommen.❬ref name="Priewe48"❭.❬/ref❭ Im Westen Deutschlands weitgehend unbekannt, erschien das Wort erstmals im Jahre 1999 in der 3. Auflage des zehnbändigen, nunmehr gesamtdeutschen »Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache«❬ref❭, Seite 1877.❬/ref❭; ein Jahr später fand es Eingang in die 22. Auflage des »Duden, Die deutsche Rechtschreibung«❬ref name="Priewe48"/❭. Das Wort scheint aber schon vor 1966 im Deutschen existiert zu haben❬ref name="Priewe49"❭.❬/ref❭: So findet sich bereits im Erscheinungsjahr des sowjetischen Originals, 1963, eine erste, von René Drommert angefertigte deutsche Übersetzung in der Zeitung »Die Zeit«❬ref❭❬/ref❭. Ein Jahrzehnt zuvor ist das Wort im ersten Band des 1953 in der deutschen Übersetzung von Alexander Böltz im Verlag Rütten & Loening erschienenen Romans »Iwan III.« von Waleri Jaswizki❬ref❭.          „An ihrem Hals [der] waren mit Zwirn bunte Steinchen angebunden, die ‚Hühnergötter‘, die sie vor Seuche behüteten.“❬/ref❭ bezeugt. Der älteste bisher bekannte Beleg findet sich jedoch in einem 1927 bei de Gruyter in deutscher Sprache erschienenen Buch❬ref❭, Seite 64 ff., 387.❬/ref❭ von Dmitrij Zelenin zur Russischen (Ostslawischen) Volkskunde, in welchem der russische Ausdruck „Kuriny bog“ als ‚Hühnergott‘ ins Deutsche übersetzt wird.❬ref name="Priewe49"/❭
Dennoch gibt es indes bis heute keinen handfesten Beweis und belastbaren Beleg für den Gebrauch des Wortes »Hühnergott« vor 1966 im Deutschen.❬ref name="Priewe49"/❭ Aus volkskundlicher Sicht ist interessant, dass es den Ausdruck »Hühnergott« nur in der DDR gab, nicht aber westlich der Elbe, was zweifellos auf die Verbreitung der Jewtuschenko-Novelle in der Übersetzung von Reschke zurückzuführen ist.❬ref name="Priewe52"❭.❬/ref❭ Auch wenn es das deutsche Wort vereinzelt, etwa in Nachschlagewerken oder durch persönliche Kontakte, hier und da gegeben hat, bleibt das Verdienst von Thomas Reschke bei der Aufnahme des Wortes »Hühnergott« in den deutschen Sprachgebrauch und dessen endgültige Kanonisierung im Duden deshalb unbestritten.❬ref name="Priewe52"/❭
Sinnverwandte Wörter
[1] alle Alpfuß, Drudenstein/Trudenstein/Trutenstein, Krottenstein, Schratenstein, Hascherlit, Truttelstein
Gegenwörter
[1] Schmuckstein, Werkstein
Oberbegriffe
[1] Lochstein
[1] Gestein, Stein
Unterbegriffe
[1] Paramoudra, Sassnitzer Blumentopf
Beispiele
[1] „Ein Hühnergott – das ist ein Meeressteinchen mit einem kleinen Loch. Man sagt, die Krimtataren hätten geglaubt, daß ein solches Steinchen, mit einem Faden an die Hühnerstange gehängt, das Federvieh zu verbesserter Legetätigkeit ansporne. Daher auch der Name Hühnergott. Später kam der Glaube hinzu, ein Hühnergott bringe auch den Menschen Glück. Mir scheint, ein bißchen glaubt jeder an solche Glücksbringer: die einen mit kindlich-vertrauensseliger Offenheit, die anderen heimlich, mit mürrischer Verbissenheit. Ich glaube heimlich daran. Immer wenn ich am Meer war, wünschte ich mir sehr, einen Hühnergott zu finden, aber in diesem Sommer ganz besonders.“❬ref❭.❬/ref❭
[1] „Während die einen am Strand nach Bernstein, Hühnergöttern oder Donnerkeilen suchen, ernten andere Schilf, um damit Dächer zu decken.“❬ref❭.❬/ref❭
[1] „Besonders gesucht sind natürlich Fehmarns ‚Spezialitäten‘, Donnerkeile und Hühnergötter. […]Hühnergötter, durchlöcherte Feuersteine, hängte man einst an Stalltüren, um das Federvieh vor den Füchsen zu schützen.“❬ref❭❬/ref❭
[1] „Als sie aus dem Urlaub kamen, brachten sie Hühnergötter mit, fädelten diese auf eine Schnur und banden sie an ihr Terrassendach.“❬ref❭.❬/ref❭

Übersetzungen

    • Englisch: [1] im weitesten Sinne: adder stone (auch: adderstone ), snake stone (auch: snakestone ); Großbritannien auch: hag stone (auch: hagstone ), serpent’s egg , snake’s egg , witch stone (auch: witchstone )
      [1] im weitesten Sinne: milpreve
    • Russisch ❬small❭(ISO 9)❬/small❭: [1] m
    • [1] im weitesten Sinne: gloine nan Druidh f
    • Schwedisch: [1] hönsgud
    • Scots: [1] im weitesten Sinne: adderstane
    • Ukrainisch ❬small❭(ISO 9)❬/small❭: [1] m
    • Walisisch: [1] im weitesten Sinne: glain neidyr m
    • ❬small❭(ISO 9)❬/small❭: [1] m
❬!-- für weitere Sprachkürzel siehe den Link unterhalb des Editierfensters --❭

Referenzen

[1] , Seite 1877.
[1] Duden online Hühnergott
[1]
[1] Wikipedia-Artikel Hühnergott
[*] canoo.net Hühnergott
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-Lexikon Hühnergott
[1]
Quellen

Substantiv, m

Kasus Singular Plural
Nominativ Hühnergott Hühnergötter
Genitiv Hühnergottes
Hühnergotts
Hühnergötter
Dativ Hühnergott
Hühnergotte
Hühnergöttern
Akkusativ Hühnergott Hühnergötter

Worttrennung

Hüh·ner·gott, Hüh·ner·göt·ter
Aussprache
IPA ˈhyːnɐˌɡɔt, ˈhyːnɐˌɡœtɐ
Hörbeispiele: ,
Betonung
Hü̲hnergott

zählbar

Kasus Singular Plural
Nominativ der Hühnergott die Hühnergötter
Genitiv des Hühnergottes der Hühnergötter
Dativ dem Hühnergott den Hühnergöttern
Akkusativ den Hühnergott die Hühnergötter
单数 复数