Aufruhr

 m.  Z

Bedeutungen

[1] Plural selten: (vor allem gegen politische Missstände, gegen die Staatsgewalt gerichtetes) tumultartiges (bisweilen gewalttätiges) Aufbegehren und Zusammenrotten
[2] gehoben; ohne Plural: heftige Gefühls- und Gemütsbewegung
[3] gehoben; ohne Plural; im übertragenen Sinne zu [2]: heftige Bewegung von Naturgewalten
Herkunft
Das Wort ist seit dem 14. Jahrhundert in mittelniederdeutsch uprōr bezeugt und seit dem 15. Jahrhundert in hochdeutschen Texten nachweisbar.❬ref name="Pfeifer"❭❬/ref❭❬ref name="Kluge"❭, Seite 73.❬/ref❭ Es handelt sich um eine im Niederdeutschen beginnende Verstärkung von »Ruhr« im alten Sinne von „(heftige) Bewegung, Erregung, Unruhe“ (und gehört somit zu »rühren«).❬ref name="Kluge"/❭❬ref❭, Seite 198.❬/ref❭ Im Hochdeutschen bewahrt die Zusammensetzung zunächst das feminine Genus des Grundwortes noch bis ins 18. Jahrhundert; daneben kommt die Verwendung als Maskulinum in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts auf (wohl in Analogie zu »Aufstand«❬ref name="Kluge"/❭).❬ref name="Pfeifer"/❭
Sinnverwandte Wörter
[1] Auflauf, Auflehnung, Aufstand, Empörung, Erhebung, Krawall, Rebellion, Revolte, Tumult, Unruhen, Zusammenrottung; schweizerisch: Unrast; bildungssprachlich: Insurrektion; umgangssprachlich: Rabatz, Rambazamba, Randale; veraltet: Emeute, Sedition
[2] Aufgeregtheit, Aufregung, Ekstase, Erregtheit, Erregung, Hysterie, Taumel, Wallung; gehoben: Aufwallung, Glut; bildungssprachlich: Exaltiertheit, Psychologie: Exaltation
Beispiele
[1] Der Aufruhr griff auf andere Gebiete über.
[1] „Östreich fürchtet mit Recht für sein Italien und verfeindet sich mit Preußen und Rußland, den einzigen Mächten, die es ihm gönnen; es nähert sich Frankreich, was seit dem XIV. Jahrhundert lüstern nach Italien sieht, es treibt Sardinien auf das Äußerste, was die Thüren und Eingänge Italiens in Händen hat, es liebäugelt mit Palmerston, der emsig bemüht ist, den Aufruhr dort zu erregen und zu erhalten.“❬ref❭Otto Fürst von Bismarck: Besuch in Paris. In: Derselbe: Gedanken und Erinnerungen, Band 1, 8. Kapitel, J. G. Cotta’sche Buchhandlung, 1905.❬/ref❭
[1] „Die ganze Straße war in Aufruhr, es fehlte nicht viel, so hätte man den Gendarm alarmiert.“❬ref❭Kurt Tucholsky: Unter anderem in den Pyrenäen, Verlag Volk und Welt, 1963. Zitiert nach Gutenberg.❬/ref❭
[1] „Er entgegnet trocken, dass dieser ganze Aufruhr mitsamt den prügelnden Zivilpolizisten nur provoziert wird, um das Land zu destabilisieren.“❬ref❭Mitran Keyvan: Brief aus Teheran. (übersetzt von Claudia Steinitz) In: Le Monde diplomatique, Nummer 9113, 12.02.2010. . Deutschsprachige Online-Ausgabe abgerufen am 02.02.2011.❬/ref❭
[1] „Die meisten Ägypter haben mit Protesten nichts am Hut. Seit dem Aufruhr im Januar 1977, der eine Reaktion auf die Erhöhung des Brotpreises war, sind die Massen trotz des sinkenden Lebensstandards ruhig geblieben.“❬ref❭Adam Shatz: Mubarak am Ende. Ägypten sucht seine Zukunft. (übersetzt von Niels Kadritzke) In: Le Monde diplomatique, Nummer 9234, 09.07.2010. Seite 12–13. . Deutschsprachige Online-Ausgabe abgerufen am 02.02.2011.❬/ref❭
[2] Bei ihrem Anblick ist er völlig in Aufruhr geraten.
[2] „Was bringt dich so in Aufruhr?“❬ref❭Friedrich Schiller: Die Braut von Messina, dritter Aufzug, erster Auftritt, 1803. In: Derselbe: Schillers Sämmtliche Werke, zweiter Band, J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart 1879. Zitiert nach Gutenberg.❬/ref❭
[2] „Wir dürfen als sicher annehmen, daß diese Idee, welche die ihr selbst nicht bewußte intensive Liebe zum Schwager ihrem Bewußtsein verriet, durch den Aufruhr ihrer Gefühle im nächsten Moment der Verdrängung überliefert wurde.“❬ref❭Sigmund Freud: Über Psychoanalyse, 1910. In: Derselbe, Einleitung von F.-W. Eickhoff: Abriss der Psychoanalyse. Einführende Darstellungen, 10., unveränderte Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2004. Seite 123. ISBN 9783596104345.❬/ref❭
[2] „Was ist Ihnen, Marie? Haben wirklich meine Worte diesen seltsamen Aufruhr in Ihnen verursacht?“❬ref❭Arthur Schnitzler: Der Ruf des Lebens. In: Derselbe: Gesammelte Werke / Die Theater-Stücke, Band III, S. Fischer Verlag, Berlin 1922. Zitiert nach Gutenberg.❬/ref❭
[2] „Er war aus Kälte ruhig, und nur dann geriet er in Aufruhr, wenn ihn eine hohe Wildnis der einsamen Natur mehr als gewöhnlich reizte, wenn er seiner entfernten Freundin treuen Bericht gab von dem Kampf seiner Bildung und dem Ziel aller Arbeit, oder wenn ihn die Begeisterung für die Kunst in Gegenwart andrer überraschte, daß nach langem Schweigen einige geflügelte Worte aus seinem innersten Gemüt brachen.“❬ref❭Friedrich Schlegel: Lucinde, 1. Auflage, Insel Verlag, Frankfurt am Main 1985. ISBN 3458325174. Zitiert nach Gutenberg.❬/ref❭
[2] „Eigens zum gemeinsamen Gedenken an die Opfer der Terroranschläge, die die ganze Welt in Aufruhr und Schrecken versetzt hatten, reiste im September 2003 Ariel Scharon an - es war der erste offizielle Besuch eines israelischen Regierungschefs in Indien.“❬ref❭Isabelle Saint-Mézard: Partnerschaft auf Raketenbasis. Indien kooperiert mit Israel bei Rüstungsprojekten. (übersetzt von Jakob Horst) In: Le Monde diplomatique, Nummer 9342, 12.11.2010. . Deutschsprachige Online-Ausgabe abgerufen am 02.02.2011.❬/ref❭
[3] Der ganze Vulkan ist in Aufruhr, ein Ausbruch könnte unmittelbar bevorstehen.
[3] „Furchtbar zog der Sturm daher, heulend hetzte er die Wogen, daß sie in wildem Aufruhr daherstürzten und suchten, woran sie ihre Wuth ausließen.“❬ref❭Julius Stinde: Die Seerose. In: Derselbe: Die Perlenschnur – Zwei Erzählungen, Verlag von Freund & Jeckel, 1895. Zitiert nach Gutenberg.❬/ref❭
[3] „Da sind die Elemente, die jedem menschlichen Zwang zu spotten scheinen, die Erde, die bebt, zerreißt, alles Menschliche und Menschenwerk begräbt, das Wasser, das im Aufruhr alles überflutet und ersäuft, der Sturm, der es wegbläst, da sind die Krankheiten, die wir erst seit kurzem als die Angriffe anderer Lebewesen erkennen, endlich das schmerzliche Rätsel des Todes, gegen den bisher kein Kräutlein gefunden wurde und wahrscheinlich keines gefunden werden wird.“❬ref❭Sigmund Freud: Die Zukunft einer Illusion, 1927. In: Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey (Hrsg.): Sigmund Freund, Studienausgabe, Band IX. Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der Religion, limitierte Sonderausgabe, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000. Seite 149–150. ISBN 9783596503605.❬/ref❭
[3] „Oft verschwand es unter den haushohen Wogen, so daß man schon dessen Verlust befürchtete. Aber die Seemannskunst des wackeren Kapitäns bestand in diesem Aufruhr der Elemente ihre härteste Probe.“❬ref❭Ferdinand Emmerich: Auf den Antillen, Verlag Erich Stolpe, 1929. Zitiert nach Gutenberg.❬/ref❭
Charakteristische Wortkombinationen
[1] Aufruhr stiften, einen Aufruhr anfangen / anstiften / erregen / veranstalten; einen Aufruhr beruhigen / dämpfen / (blutig) niederschlagen / unterdrücken; der Aufruhr bricht aus / bricht los / flackert auf / ebbt ab; in Aufruhr geraten; in (offenem) Aufruhr sein; zum (offenen, versteckten) Aufruhr kommen
[2] ein Aufruhr des Herzens / der Gefühle / der Sinne; jemandes Gefühle / Leidenschaften / Sinne in Aufruhr bringen / versetzen; für Aufruhr sorgen; seinen inneren Aufruhr besiegen / stillen / zähmen
[3] ein Aufruhr der Elemente / der Fluten
Wortbildungen
[1–3] aufrühren
[1] Aufrührer (→ Aufrührerin), aufrührerisch
[1] historisch: Aufruhrakte

Referenzen

[1–3] Wikipedia-Artikel Aufruhr
[1–3] , Seite 198.
[1–3]
[1–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache Aufruhr
[*] canoo.net Aufruhr
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-Lexikon Aufruhr
[1–3] The Free Dictionary Aufruhr
[*]
[1–3]
[1] , Band 1, 1854. Seite 328.
[1] , Band 1, 1857. Seite 939-940.
[1]
[1,]
[1,]
[1,] Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 Aufruhr
[1] , 5. Auflage, Band 1, 1911. Seite 121.
[1]
[*]
Quellen

Ähnliche Wörter
ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen:Ausfuhr

Substantiv, m

Kasus Singular Plural
Nominativ Aufruhr Aufruhre
Genitiv Aufruhrs Aufruhre
Dativ Aufruhr Aufruhren
Akkusativ Aufruhr Aufruhre

Worttrennung

Auf·ruhr, Auf·ruh·re
Aussprache
IPA ˈaʊ̯fˌʀuːɐ̯, ˈaʊ̯fˌʀuːʀə
Hörbeispiele:
österreichisch: ,
deutsch: ,
Betonung
A̲u̲fruhr